ÖAMTC Pannenhilfe
Eine einfache Pannenhilfe sei ohne den Zugang zu nötigen Daten heute unmöglich, sagt der ÖAMTC.
ÖAMTC/APA-Fotoservice/Leitner

Um erfolgreich Pannenhilfe leisten zu können, brauchen Reparaturservices Zugriff auf Daten des betroffenen Autos. Dieser Zugriff werde aber zunehmend erschwert, ließ ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz wissen. Der aktuelle Umgang mit Daten vonseiten der Autobauer sei kundenfeindlich und würde zudem ein aktuelles EuGH-Urteil konsequent ignorieren. Dem Problem will man sich jetzt mit ganzer Kraft widmen. "Um den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen, haben wir die größte Mitgliederaktion in der Geschichte des Klubs gestartet", erklärte Schmerold.

Illegale Praxis

Bereits die Möglichkeit zum Auslesen von Fehlercodes mittels On-Board-Diagnose als erster Schritt für eine erfolgreiche Pannenhilfe wird laut Schmerold derzeit erschwert. Besonders kritisch sieht der ÖAMTC den Umgang mit einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs. "Das Urteil vom 5. Oktober 2023 untersagt den Herstellern, den freien Zugang im Zuge von Wartungs- und Reparaturarbeiten zu beschränken – was von den Herstellern allerdings bewusst ignoriert wird." Zu allem Überfluss haben die Autohersteller bei der EU-Kommission sogar erwirkt, dass diese jetzt an einem Vorschlag arbeitet, per Änderung der Typengenehmigung den Sinn des Urteils ins Gegenteil zu verkehren. "Die illegale Praxis soll legalisiert werden – das ist wirklich dreist und einmalig in der Geschichte der EU-Rechtsetzung", erklärt Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung.

Das Argument der Klubvertretung ist, dass dieser eingeschränkte Datenzugang auch Konsumentinnen und Konsumenten Zeit und Geld kostet. Österreichweit leiste der ÖAMTC über 1,3 Millionen mobile und stationäre Pannenhilfen pro Jahr. Das sei zwar auch möglich, wenn der Datenzugriff eingeschränkt wird – allerdings nur über einen elektronischen Zugangsschlüssel, der vom Hersteller kostenpflichtig anzufordern ist. Laut ÖAMTC muss der Zugangsschlüssel online angefordert werden. Bei schlechter oder fehlender Netzabdeckung funktioniere das nicht – und man sei gezwungen, eine Abschleppung durchzuführen. "Das betrifft ganz alltägliche Pannenfälle wie den Tausch einer defekten Batterie, das Aufheben der Startsperre nach Auffüllen eines leergefahrenen Ad-Blue-Tanks oder das Abpumpen von falsch getanktem Kraftstoff."

Man ist sich sicher, dass es jedes Mitglied völlig unnötig Zeit und Nerven kosten würde, weshalb man sich in der Pflicht sieht, etwas dagegen zu tun. "Letztendlich kostet es auch Geld – zum einen, weil die Kosten für eine Abschleppung höher sind, zum anderen, weil sich die Hersteller die Erteilung von Zugangsschlüsseln selbstverständlich bezahlen lassen. Und haben sie ihr Datenmonopol erst einmal etabliert, wird es für die Konsument:innen sicher nicht günstiger." Das trifft laut Wiesinger nicht nur bei der Pannenhilfe zu, sondern auch im Fall, wenn man beispielsweise Reparaturen in einer freien Werkstätte erledigen lässt.

Mobilisierung

Der ÖAMTC informiert deshalb derzeit bei jeder Pannenhilfe und an allen Stützpunkten über die möglichen Konsequenzen für die Konsumentinnen und Konsumenten. Man will Mitglieder dazu motivieren, den Standpunkt des Autofahrerklubs in einem Brief an die EU-Kommissionspräsidentin kundzutun. Man sei sich sicher, dass diese "gemeinsame Aktion mit unseren Mitgliedern" nicht ungehört bleiben wird.

Man sieht sich in der Pflicht, da der ab September 2025 geltende Data Act, der allgemein den Umgang mit Daten, die von Geräten gesammelt werden, regeln soll, für den Kfz-Bereich nicht ausreiche. Für Autos brauche es eine sogenannte "sektorspezifische Regulierung". Eine solche Regelung sei bereits im Dezember 2023 von EU-Beamten vorbereitet worden, erklärte Wiesinger, dann allerdings nach Intervention der Autohersteller durch die EU-Kommission in letzter Minute gestoppt worden. Mit der Aktion wolle man erzwingen, dass das aktuelle EuGH-Urteil endlich umgesetzt werde. "Damit nicht am Ende die Konsumentinnen und Konsumenten draufzahlen, weil die Politik sich dem Druck der starken Autoindustrie beugt." (aam, 30.4.2024)