Ryan Gosling is Colt Seavers in THE FALL GUY, directed by David Leitch
Eine actionreiche Liebe am Filmset: Ryan Gosling ist der Stuntman Colt, Emily Blunt seine Regisseurin Jody.
Universal Pictures

Wer erinnert sich noch an diese charmante Szene bei den Oscars, als Emily Blunt und Ryan Gosling sich wegen der Oppenheimer-Barbie-Konkurrenz neckten? Man konnte nur staunen über die Screwball-Energie, die beide auf der Bühne entfachten. Jetzt ist die Katze aus dem Sack. Der kurze Auftritt war natürlich Werbung für einen gemeinsamen Film, in dem es zwischen den beiden nur so sprüht und der nun bei uns in die Kinos kommt: The Fall Guy.

Ode an den Stunt-Beruf

Gosling verkörpert in der Action-Komödie Colt Seavers, ein Stuntdouble für den größten Actionstar Hollywoods, Tom Ryder (gespielt vom angeblichen Neo-Bond Aaron Taylor-Johnson). Für Ryder wirbelt Colt in Autos herum, wird von Sprengstoff in die Luft geschleudert oder fällt Hochhäuser hinab. In den Drehpausen schäkert er mit der Kamerafrau Jody (Blunt), in die er sehr verschossen ist.

Dann geht eines Tages ein Stunt schief, und Colt zieht sich mit gebrochenem Rücken und kaputtem Ego zurück. Aus der Misere aufgestöbert wird er von der Produzentin Gail (Hannah Waddingham aus der Serie Ted Lasso), die ihn wieder im Einsatz sehen will: diesmal in einem Sci-Fi-Actionfilm in Australien, bei dem Jody erstmals Regie führt.

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Gail hat allerdings einen Hintergedanken: Sie möchte, dass Colt Tom Ryder findet, der wegen irgendwelcher verdächtiger Sachen untergetaucht ist. Colt sieht seine große Chance: Findet er Ryder, rettet er Jodys Film und vielleicht auch ihre zart auflodernde Liebe. Doch dann gibt es eine unerwartete Wendung, und Colts Stuntman-Können kommt voll zum Einsatz.

Hollywood-Metaerzählung

Das Wundervolle an dieser Action-Komödie ist die smarte Metaerzählung. Denn eigentlich ist der Film von David Leitch und seiner Ehefrau, Produzentin Kelly McCormick, eine Ode an die ungesehenen Hochrisikoarbeiter Hollywoods – für die beide übrigens einen Oscar einfordern. Leitch weiß, wovon er spricht: Bevor er es sich im Regiesessel bequem gemacht hat, war er das Stuntdouble von Brad Pitt und Matt Damon. Vielleicht wirkt sein Film deshalb so authentisch, sobald es um die Arbeit am Set geht. Da wimmelt es nur so von schrägen Charakteren, der Stresspegel ist hoch, aber die Kollegialität im Stuntteam bleibt trotzdem groß.

"The Fall Guy" ist auch ein Plädoyer an die Oscar-Academy, einen Stunt-Oscar einzuführen.
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The Fall Guy schöpft außerdem aus der Filmgeschichte. Klassische Hollywoodromanzen klopfen hier und da an, etwa als Splitscreen aus Pillow Talk (1959) mit Rock Hudson und Doris Day, die heuer 100 Jahre alt geworden wäre; aber die Hauptinspiration stammte aus der Fernsehserie Ein Colt für alle Fälle aus den 1980ern, deren 2014 verstorbener legendärer Erfinder Glen A. Larson bei The Fall Guy als Co-Autor gelistet ist.

Dabei ist David Leitchs Film kein Nostalgietrip, er ist dann außerordentlich zeitgemäß, wenn die Veränderungen in der Filmbranche in den Fokus rücken: Ein nebenbei getätigter Gesichtsscan etwa wird Colt irgendwann zum Deepfake-Verhängnis. Doch mithilfe der Teamwork hinter den Kulissen Hollywoods obsiegt die Liebe. Schön!

Das perfekte Timing

Jetzt aber zurück zu den Stars des Films: Ryan Gosling und Emily Blunt. Blunts freche Jody hätte eigentlich Maskenbildnerin sein sollen, doch um den professionellen Druck auf ihre Figur zu erhöhen, wurde sie zur Debüt-Regisseurin umgeschrieben. Das Machtgefälle tut dem Film gut und gibt Gosling in bester Ken-Manier erneut die Gelegenheit, in der Rolle des selbstironischen Toy-Boys zu brillieren.

Oscars 2024: Ryan Gosling and Emily Blunt exchange playful barbs at the Academy Awards
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Beiden wurde außerdem das Talent zur komödiantischen Improvisation in die Wiege gelegt. Das Timing sitzt, die Dialoge wirken lebendig, und die Beziehung zwischen Jody und Colt ist erfrischend impulsiv. Gemeinsam mit waghalsigen Stunts und einem actionreichen Krimi-Nebenplot wird The Fall Guy so zu einer jener raren Action-Romanzen, die im Kino wirklich Spaß machen. (Valerie Dirk, 30.4.2024)