"Kickl und die Zerstörung Europas" (Paul-Zsolnay-Verlag) heißt das neue Buch, das die beiden "Profil"-Redakteure Gernot Bauer und Robert Treichler kürzlich vorlegten. Sie erzählen darin auf 250 Seiten ein Porträt der aktuellen Nummer eins im Kosmos der Blauen, Herbert Kickl, des ambivalenten Kärntners, der sich über Jahrzehnte mit der Rolle des Reimeschmieds in der zweiten Reihe begnügte.

Buchcover: Gernot Bauer, Robert Treichler, Kickl und die Zerstörung Europas, Zsolnay
Buchcover: Gernot Bauer, Robert Treichler, "Kickl und die Zerstörung Europas", Zsolnay.
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Anders als bei seinen Vorgängern Jörg Haider und Heinz-Christian Strache weiß man wenig aus dem Privatleben des nicht korporierten Studienabbrechers, der nicht gerne mit Medien spricht – außer mit den parteieigenen. Anders ist auch das Europa, in dem Kickl im Herbst zur Wahl antritt. In Zeiten, da die Rechtsextremen Marine Le Pen, Alice Weidel und natürlich Viktor Orbán an den Grundfesten der Demokratien rütteln, ist Kickl nur Teil eines großen Angriffs auf Europa.

"Hobbypsychologen"

In einem über sechsminütigen Video, das Kickl am Mittwoch veröffentlichte, geht es nicht darum. Kickl macht sich darin über einen Fehler der beiden "leidenschaftlichen Hobbypsychologen" lustig. Gemeint sind falsche Angaben zu Kickls Großeltern mütterlicherseits.

Denn die beiden Journalisten, die für ihr Buch auch mit vielen Wegbegleitern Kickls sprachen, hatten auch versucht, mehr über die Herkunftsfamilie Kickls zu erfahren. Dabei verwechselte ein älterer Herr, der im selben Ort wohnte wie Kickls lange verstorbenen Großeltern, den Vornamen der Oma, die laut Enkel Herbert Kickl tatsächlich Josefa Lackner hieß, mit dem einer anderen Frau Lackner im Ort, nämlich Leopoldine Lackner. Der Zeitzeuge meinte zwar die richtige Frau, erklärt Treichler dem STANDARD, sei mit ihr aber per Sie gewesen und konnte sich nicht auf Anhieb an ihren Namen – und dann an den falschen – erinnern. Eine folgenschwere Verwechslung, denn Bauer und Treichler suchten dann in Archiven nach Leopoldine Lackner und fanden diese auch – samt ihrem Mann, der auch nicht Kickls Opa Josef Lackner war, sondern Johann, ein gebürtiger Steirer.

Erratum auf der Verlagsseite

"Wir haben aber, schon bevor Kickl sein Video veröffentlichte, ein Erratum auf die Homepage des Verlags gestellt, in dem wir auf den Fehler hinwiesen", sagt Treichler. "Von Menschen, die schon so lange tot sind, findet man auch wenig im Internet. Aber es geht um zwei Absätze von insgesamt 250 Seiten." Leider habe Kickl selbst auch auf keine ihrer Fragen geantwortet, so Treichler, "aber es bleibt unser Fehler".

Herbert Kickl sitzt in dem Youtube-Video an einem Schreibtisch vor einem Bücherregal, aus dem ein kleiner Teddybär die Beine baumeln lässt, "Herbert unser Kanzler der Herzen" steht darunter auf einem rot-weiß-roten Bild. So soll also die Bedrohung Europas aussehen, ist wohl die Botschaft.

Kickls Opa sei kein Sohn eines Bauunternehmers gewesen, habe nie für eine Versicherung gearbeitet und sei nicht in britischer Gefangenschaft gewesen, sondern "bei den Panzern im Russlandkrieg", klärt Kickl auf. Besonders empört scheint er aber über die Behauptung, dass der Großvater aus dem Bezirk Leibnitz stammte: "Nein, das ist nicht wahr, das stimmt doch nicht, das war ein Kärntner", ruft der FPÖ-Chef, der die Fehler "richtig peinlich" findet. Dass seine Politik von Bauer und Treichler auf hunderten Seiten als Bedrohung der Demokratie beschrieben wird, kommentiert er hingegen nicht. (Colette M. Schmidt, 18.4.2024)